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Auf dem Campus Hönggerberg der ETH Zürich wurde das Gebäude HIF im westlichen Teil des Areals saniert und erweitert. Beim umfassenden Eingriff in die Bausubstanz erhielt es auch eine neue Gebäudehülle. Sie vereint den Bestand mit der neuen Erweiterung. Es handelt sich um eine Hybridfassade. Aussen ist sie aus Glas und Metall, innen aus Holz. Sie produziert elektrischen Strom.
Der Campus Hönggerberg der ETH Zürich entstand ab den 1960er-Jahren auf der grünen Wiese, auf einem Hügelrücken zwischen dem Limmat- und dem weiter nördlich verlaufenden Furttal. Wie oft bei derartigen Bauaufgaben repräsentieren die verschiedenen Etappen die Zukunft, wie man sie sich bei ihrer Erstellung vorgestellt hat. Die Etappierung spiegelt sich in der Nomenklatur der einzelnen Gebäude wider. Auf die Pioniergeneration, deren Gebäudenamen mit HP beginnen, folgte in den späteren 1970er-Jahren weiter westlich die HI-Gruppe. Zu ihr gehört auch der Bau HIF. Er wurde von Erik Lanter in Zusammenarbeit mit Max Ziegler entworfen und 1976 fertiggestellt. HIF besteht aus zwei Längstrakten, die durch einen niedrigen Zwischenbau verbunden sind. Wie der ganze HI-Komplex erhielt das Ensemble eine Stahl-Glas-Fassade, deren Blechteile man dunkel einfärbte. Genutzt wird das Gebäude vom Departement Bau, Umwelt und Geomatik. Der Osttrakt von HIF enthält Büros und Labore, der Westtrakt eine Bauhalle für Experimente.
Bewahren und ergänzen
Die Sanierung folgte auf eine Machbarkeitsstudie, die 2012 zur Abklärung und Analyse des Gebäudezustandes und zur Definition der Sanierungsmassnahmen erstellt wurde. Diese ergab, dass zur Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit der Bausubstanz für die nächsten 30 bis 40 Jahre eine umfangreiche Sanierung vor allem der Fassade und der Gebäudetechnik notwendig war. Beim anschliessenden Projektwettbewerb mussten die beteiligten Teams neben dem Sanierungskonzept auch noch einen Vorschlag für zusätzlichen Büro- und Laborraum mittels Erweiterung oder Aufstockung unterbreiten.
Das Siegerprojekt aus dem Wettbewerb stammt von Stücheli Architekten, Zürich. Es wurde in drei Etappen bei laufendem Betrieb umgesetzt. Auf eine Aufstockung wurde verzichtet, stattdessen erfolgte eine Erweiterung des dreigeschossigen, unterkellerten Osttrakts nach Norden. Der Trakt besitzt nach wie vor die Form eines kompakten Riegels und hat neu dieselbe Länge wie die Bauhalle. Die komplett ersetzte Fassade distanziert sich von der «Fassadenuniform», welche die HI-Gruppe bisher prägte. Sie besitzt zwar ebenfalls eine vertikale Ausrichtung und einen ähnlichen Rhythmus, hebt den Bau aber deutlich hervor und gibt ihm eine markante Identität. Die erworbene Eigenständigkeit passt gut zum neuen Eingangskonzept. Dieses führt zu einer weiteren Emanzipierung vom grösseren Nachbarbau HIL, von wo bisher die Haupterschliessung über einen verglasten Durchgang erfolgte. HIF hat sich gewissermassen aus dem Schatten von HIL gelöst, wie auch das Preisgericht im Projektwettbewerb anerkennend feststellte.
Garderobenwechsel
Die Sanierung dokumentiert die Vorzüge der Vorhang-Fassade. Diese ist völlig losgelöst vom Tragsystem eines Gebäudes, welches die Lasten in dessen Innerem abträgt. Die Konstruktion macht einen Totalersatz der Fassade möglich, wie er bei HIF vorgenommen wurde. Die bestehende Pfosten-Riegelfassade wurde vollständig entfernt und durch eine neue Gebäudehülle ersetzt. Das Architekturbüro konnte sich als Couturière betätigen; es entwarf ein «Schnittmuster», nach dem ein neues Kleid angefertigt wurde. Der Vergleich mit einem Vorhang ist in diesem Fall passend: Vertikale Lisenen aus Metallprofilen treten in kurzen Abständen aus der Fassadenebene hervor und lassen sich mit den Falten einer gerafften, frei hängenden Textilie vergleichen. Sie erzeugen einen regelmässigen Rhythmus von engeren, ganz geschlossenen Flächen und etwas breiteren Partien mit den Fenstern.
Die geschlossenen Fassadenpartien sind mit opakem, eingefärbtem Glas verkleidet. Auf der Höhe der Fensterbänke unterbrechen schmale, umlaufende horizontale Gesimse, abermals Metallprofile, die Lisenen, wodurch die Geschossfolge erkennbar wird. Bei der Eingangsfassade reicht die Fassade bis ins Untergeschoss. Heranschreitende sehen, wie sie hinter dem Rasen der Vorzone verschwindet, ohne den Boden zu berühren – was den Eindruck eines abstrahierten Vorhangs noch verstärkt. Als Bekrönung des Volumens folgt über der Dachkante ein Aufbau aus konkav geschwungenen, naturbelassenen Blechpaneelen mit einem eigenen Rhythmus. Auch diese Fassadenpartie erinnert entfernt an eine hängende textile Oberfläche.
Die Umsetzung der architektonischen Idee wurde der Firma Aepli Metallbau aus Gossau (SG) als Generalunternehmer übertragen. «Hierbei bestand die grösste Herausforderung darin, das technologisch Machbare mit einer ansprechenden Ästhetik und mit den Kosten in Einklang zu bringen», erklärt Dominik Traber, der zuständige Projektleiter bei Aepli. Das Unternehmen, das hauptsächlich mit Metall arbeitet, tat sich in der Folge zusammen mit dem Holzbauspezialisten Blumer-Lehmann AG, der ebenfalls in Gossau domiziliert ist. Gemeinsam entwickelten und produzierten die beiden eine Hybridfassade, welche zwei Technologien und die jeweils stärksten Eigenschaften der Materialien miteinander kombiniert.
Teils mit, teils ohne Solarzellen
Mit der Hybridfassade konnten zwei Technologien und die jeweils stärksten Eigenschaften der Materialien miteinander kombiniert werden: aussen Metall als Schutz vor Witterungseinflüssen und geeignet, um hohe mechanische Belastungen abzufangen, raumseitig Holz für ein angenehmes Raumklima, eine positive CO2-Bilanz und ein natürliches Aussehen. Zusätzlich wurde auf 2990 m2 die Variante Aluminium-Elementfassade eingesetzt. Diese Fassadenelemente wurden in Bereichen mit direkter Sonneneinstrahlung mit nicht sichtbaren Solarzellen bestückt. Für das einheitliche Erscheinungsbild wurden die opaken Gläser beim ganzen Gebäude als farbig changierende Version auf Basis der Kromatix-Technologie ausgeführt, einem in der Schweiz entwickelten Einfärbungsverfahren für Photovoltaikmodule.
Durch die umgesetzten Elementfassaden können die Effizienz gesteigert, Energie eingespart und der CO2-Fussabdruck reduziert werden. Unter anderem aufgrund der Fassadenlösung wurde das sanierte und erweiterte HIF-Gebäude für die Standards Minergie-ECO, SGNI-Gold und Gutes Innenraumklima zertifiziert. Die Vorproduktion der Fassadenelemente ermöglichte zudem eine hohe Qualitäts-, Kosten- und Terminsicherheit. Damit erfüllt die neue Lösung die Grundgedanken der Architekten. Sie wollten die Innovationskraft und Vorbildfunktion der ETH im Bereich Nachhaltigkeit widerspiegeln sowie Bestand und Erweiterung in hoher gestalterischer Qualität als Einheit verbinden.
Ein Standard-Hybrid-Element der Fassade reicht vom Erd- bis ins zweite Obergeschoss und umfasst zwei Fensterachsen. Es kann als Sandwichelement bezeichnet werden; die Schicht in der Mitte bildet bei ihm eine 220 mm starke Dämmung aus Mineralwolle. Auch an das mögliche Lebensende der Hybridfassade wurde gedacht: «Die Elemente können in die Einzelteile zerlegt und recycelt werden», erklärt Dominik Traber, «und die Fenster und Storen lassen sich einzeln auswechseln.»
| Fakten und Daten | |
|---|---|
| Objekt | |
| Name | Forschungs- und Lehrgebäude HIF, ETH Zürich |
| Ort | Zürich-Hönggerberg |
| Höhe ü. M. | 522 |
| Gebäude | |
| Realisierung (Zeitraum) | 2019–2023 |
| Energiebezugsfläche | 16’057 m2 |
| Energieversorgung | |
| Wärmeversorgung | Energienetz ETH Zürich |
| PV-Anlage | 1565 m2 Kromatix-Glas, 200 m2 |
| Zertifizierung | Minergie ECO®, SGNI-Gold Gutes Innenraumklima |
| Kontakte | |
|---|---|
| Bauherrschaft | ETH Zürich |
| Architekt | Stücheli Architekten AG |
| 8045 Zürich | |
| www.stuecheli.ch | |
| Generalunternehmung Fassade | Aepli Metallbau AG |
| 9200 Gossau | |
| www.aepli.ch | |
| Fassadenplanung | Reba Fassadentechnik AG |
| 7000 Chur | |
| reba-ag.ch | |
| Holzunterbau | Blumer-Lehmann AG |
| 9200 Gossau | |
| www.blumer-lehmann.com | |
| Photovoltaik | Mayer Glastechnik GmbH |
| 9443 Widnau | |
| www.mgt.at | |
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