Gartenhaus mit Sonnendach

Redaktion
Text | Hendrik Thielemann    Bilder | Beat Bühler
Ein Einfamilienhaus in Wettingen zeigt beispielhaft, wie grossflächige Solar­anlagen auch in Kernzonen mit erhöhten Anforderungen an das Ortsbild realisiert werden können.
Das Dach des Einfamilienhauses in der Kernzone von Wettingen ist vollständig mit Solarmodulen eingedeckt.
Das Dach des Einfamilienhauses in der Kernzone von Wettingen ist vollständig mit Solarmodulen eingedeckt.

Möglichst viel Fläche für die Produktion von Solarstrom zu nutzen. Dieses Ziel verfolgte die Bauherrschaft bei der Planung eines neuen Einfamilienhauses in der Kernzone von Wettingen (AG). Das Wohnhaus ersetzt ein Haus mit Garage aus den Fünfzigerjahren und schafft Wohnraum für eine fünfköpfige Familie.

Die Planer des Zürcher Architekturbüros Menzi Bürgler Kuithan entwarfen einen eingeschossigen Massivbau mit Kniestock und einem mächtigen, spitzgiebeligen Satteldach als identitätsstiftendes Element. Den beiden Gebäudeseiten im Süden und Norden sind über die gesamte Gebäudebreite Veranden vorgelagert. Bis auf die Eindeckung mit PV-Modulen ist die Dachgestaltung klassisch. Drei Gauben auf jeder Seite durchbrechen die ansonsten ruhigen Dachflächen. Der Dachrand ist in weiss gestrichenem Holz materialisiert, Gauben, Blechabschlüsse und Fallrohre sind in Kupfer ausgeführt. Das Dach und die Veranden sind in Holzkonstruktion erstellt. Mit ihrem hellen Anstrich und den Holzbelägen aus unbehandeltem Lärchenholz verleihen die Veranden dem Gebäude einen Landhauscharakter. Die Fassadengestaltung ist ruhig und ausgewogen. Die Fassaden sind ortstypisch verputzt und bilden einen Sockel, die Fenster sind mit Gewänden eingefasst.

Den beiden Gebäudeseiten im Süden und Norden sind über die gesamte Gebäudebreite Veranden vorgelagert.
Den beiden Gebäudeseiten im Süden und Norden sind über die gesamte Gebäudebreite Veranden vorgelagert.

Indach-Photovoltaik mit Standardmodulen

Um den hohen Anforderungen an das Ortsbild gerecht zu werden, wählten die Planer für die Stromversorgung eine Indach-Photovoltaikanlage. Zum Einsatz kamen zwei Standardmodul­typen: Typ M mit einer Fläche von 985 × 875 mm und Typ L mit 1300 × 875 mm. Um einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erzielen, wurden schwarze Module ohne Farbbeschichtung gewählt. Das satinierte Glas der Module reduziert Spiegelungen auf ein Minimum. Das Ergebnis: eine Solarstromanlage mit einer Fläche von 186 m2 und einer Maximalleistung von 30,5 kW.

Die gesamte Planung des Dachgeschosses orientiert sich an den Modulbreiten der PV-Module. Auch die Gauben integrieren sich präzise in dieses Masssystem. Die Realisierung der Anlage erforderte die Koordination von Holzbauer und Spengler. Eine exakte Umsetzung auf der Baustelle mit minimalen Toleranzen war erforderlich.

Das lang gestreckte Grundstück erstreckt sich zwischen der Strasse und einem Waldrand. Die Architekten haben diese Besonderheit bei der Positionierung des Neubaus berücksichtigt und ihn in der Mitte des Grundstücks platziert. Der Vorgarten bildet die Adresse und ist mit einem frei stehenden Carport leicht zoniert, der Hintergarten bildet den Übergang zum Waldrand und zum Gottesgraben. Gegenüber der Nachbarbebauung ist der Neubau leicht zurückgesetzt. Dadurch entsteht eine selbstverständliche ortsbauliche Situation. Die Charakteristik der Strassenräume wird aufgenommen und weitergeführt.

Die Materialisierung im Innenausbau setzt auf langlebige, lokal verfügbare und unbehandelte Materialien.
Die Materialisierung im Innenausbau setzt auf langlebige, lokal verfügbare und unbehandelte Materialien.

Nachhaltigkeit nicht nur beim Strom

Auch die effiziente Grundrissgestaltung mit kleinen Erschliessungsflächen trägt zur Nachhaltigkeit bei: Das Haus wird direkt über die Veranda betreten. Garderobe, Essen, Kochen, Wohnen sind als offene Raumfolge um einen Kern organisiert und bieten vielfältige Bezüge zum Aussenraum. Im ersten Dachgeschoss befinden sich die Zimmer der Kinder, im zweiten Dachgeschoss die Zimmer der Eltern als private Rückzugsorte. Durch die Kombination von Gauben und Fenstern in den Giebelfassaden sind auch hier alle Räume zweiseitig orientiert und belichtet. Die Materialisierung im Innenausbau setzt auf langlebige, lokal verfügbare und unbehandelte Materialien. Böden und Sitzbänke sind aus geöltem Eichenholz. Zudem wurden Natursteine verwendet: Die Küchenabdeckungen sind aus Andeerer Granit, in den Bädern kam Schiefer zum Einsatz.

Nicht nur bei der Stromversorgung, sondern auch bei der übrigen Haustechnik kamen zeitgemässe Lösungen zum Einsatz. Erdsonden liefern die Betriebsenergie und das Haus verfügt über eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Energierückgewinnung. Um die Leitungsführung zu reduzieren, wurde das Lüftungsgerät im 2. Dachgeschoss unterhalb des Kniestocks angeordnet, sodass die Zu- und Abluft direkt über den West- bzw. Ostgiebel angesaugt bzw. ausgeblasen werden kann. Zudem werden Durchdringungen im Dach vermieden. Die gesamte Haustechnik einschliesslich des aussenliegenden Sonnenschutzes kann im Sinne eines Smart Home intelligent gesteuert werden.

Kontakte
ArchitekturMenzi Bürgler Kuithan Architekten, Zürich
LandschaftsarchitekturPlanetage, Zürich
BauleitungSB Werk, Freienwil
Holzbau-, Dachdecker- & SpenglerarbeitenVögeli Holzbau, Kleindöttingen
Solarmodule3S Swiss Solar Solutions, Gwatt

Menzi Bürgler Kuithan Architekten AG
8045 Zürich
www.mbka.ch

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