Startseite » Gebäudetechnik » Strombasiertes Heizen: CO2-Ausstoss wird unterschätzt
Um Betriebskosten und CO2-Emissionen zu berechnen, stehen Planenden heute ausschliesslich Berechnungsgrundlagen zur Verfügung, die auf jährlichen Durchschnittswerten basieren. Eine Studie zeigt: Solche Resultate bilden die Realität nur ungenügend ab.
Eine halbe Milliarde Franken investiert das Amt für Hochbauten (AHB) der Stadt Zürich jährlich in den Neubau und die Instandsetzung des städtischen Gebäudeparks. Ein wichtiges Ziel dabei sei die Reduktion der Betriebskosten sowie der CO2-Emissionen, sagt Franz Sprecher, Leiter der Fachstelle Energie- und Gebäudetechnik im AHB: «Unsere Investitionsentscheide wirken sich über Jahrzehnte auf die Kosten und die Umweltbelastungen aus.» Es sei kaum möglich, künftige Entwicklungen genau vorauszusehen. Daher muss das Ziel sein, durch die Analyse verschiedener Szenarien grobe Fehlentscheide zu vermeiden.
Einfluss der Jahreszeit
Wer verschiedene Varianten der Wärmeversorgung vergleichen will, kann dies beispielsweise anhand der CO2-Emissionen tun. Die Berechnungen dafür basieren auf Jahresdurchschnittswerten. Bei dieser Betrachtungsweise spielt es keine Rolle, ob die Energie an einem sonnigen Sommertag oder in einer windstillen Februarnacht bezogen wird. In der Realität besteht jedoch vor allem bei der Elektrizität ein grosser Unterschied: Während im Sommer in der Schweiz viel erneuerbarer Strom zur Verfügung steht, muss während der Heizperiode häufig Strom importiert werden. Insbesondere fossil erzeugter Strom ist mit hohen CO2-Emissionen verbunden.
Vor diesem Hintergrund wollte das AHB herausfinden, ob sich mit Jahresdurchschnittswerten die CO2-Emissionen tatsächlich verlässlich prognostizieren lassen. Um das in der Stadt Zürich vorhandene Know-how zu nutzen, wurden die Energiebeauftragte Silvia Banfi Frost sowie Fachleute von ERZ, Energie 360° und ewz in die Fragestellung involviert. Gemeinsam erarbeiteten sie die Ausschreibung für ein entsprechendes Projekt.
Um eine möglichst gute Aussage zur optimalen zeitlichen Auflösung machen zu können, wurden verschiedene Entwicklungen und unterschiedliche Jahre anhand von fünf Parametern untersucht:
- Vier Gebäudetypen (viel/wenig Warmwasser und viel/wenig Heizwärme)
- Vier Energiesysteme (Erdwärmesonden-WP, Luft-Wasser-WP, Fernwärme, Gas)
- Vier zeitliche Auflösungen (jährlich, monatlich, typ-täglich pro Monat, stündlich)
- Verschiedene Energieversorgungsszenarien
- Drei Betrachtungsjahre: 2025, 2035 und 2050
Die Energieversorgungsszenarien unterschieden sich hauptsächlich hinsichtlich ihres Anteils an (Strom-)Importen und der Energiepreise. Bei den CO2-Emissionen wurde die Schweiz als Bilanzgrenze verwendet, beim Importstrom die Produktion in den Nachbarländern Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich berücksichtigt.
Jahreswerte nicht realitätsgetreu
Die Studie hat für Wärmepumpen eindeutige Ergebnisse geliefert. In allen Fällen ergab die Berechnung mittels stündlicher Durchschnittswerte zwischen 30 und 70 Prozent höhere CO2-Emissionen als mittels Jahresdurchschnittswerten. Anders formuliert: Wer CO2-Belastungen mit Jahresmittelwerten rechnet, erhält im Vergleich zu anderen Berechnungsmethoden zu tiefe Emissionswerte.
«Dass die CO2-Jahresbilanz bei strombasierten Heizungen einen relevanten Fehler ergeben könnte, kam nicht unerwartet», resümiert Sprecher. «Erfreulich war für uns, wie genau demgegenüber die Monatsbilanz ist.» In allen Rechengängen weichen nämlich die Resultate auf Basis der monatlichen Werte nie mehr als 5 Prozent von den Ergebnissen der stündlichen Simulationen ab.
Gas und Fernwärme
Nebst dem Strom wurden auch Fernwärme und Erdgas betrachtet. Bei diesen Energieträgern zeigten sich weniger klare Ergebnisse. Tendenziell liefern monatliche Werte auch hier präzisere Resultate als Jahreswerte. Die Unterschiede sind aber nicht so gross, dass sich eine Anpassung der Berechnungsmethodik aufdrängt.
Auswirkungen auf die Praxis
Was bedeuten die Resultate der AHB-Studie für die Planungspraxis? Die Abweichungen zwischen den Szenarien hängen wesentlich davon ab, wie der Heizenergieverbrauch in Treibhausgas-Emissionen umgerechnet wird. Letztere sind höher, als die aktuellen Modelle zeigen. Entsprechend stärkt die Untersuchung den langjährigen Fokus des AHB auf Suffizienz, Effizienz und erneuerbare Energien sowie dessen Wichtigkeit auf dem Weg zu Netto-Null. Wärmepumpen bleiben neben der Fernwärme erste Wahl, auch wenn ihre CO2-Bilanz weniger gut ist als angenommen.
Kostenloser Download der Studie:
www.bit.ly/Studie-AHB
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