Gebäudeautomation: Schlüsseltechnologie für nachhaltige Bauprojekte

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Text | Redaktion Schweizer Energiefachbuch
Gebäude sind längst nicht mehr nur Hüllen aus Beton, Glas und Stahl. Sie sind komplexe technische Systeme, die Energie verbrauchen, Komfort bereitstellen und zunehmend in digitale Infrastrukturen eingebunden sind. In der Schweiz, wo Gebäude rund 40 Prozent des Endenergiebedarfs und ein Drittel der CO2-Emissionen verursachen, rücken Fragen der Effizienz und Nachhaltigkeit ins Zentrum. Ein Whitepaper von Siemens Schweiz und dem Beratungsunternehmen Drees & Sommer zeigt auf, wie Gebäudeautomation zur zentralen Stellschraube für nachhaltige Bauprojekte wird.
Gebäudeautomation wird zur Schlüsseltechnologie für das nachhaltige Bauen: Sie ermöglicht die präzise Steuerung von Heizung, Lüftung, Klima, Beleuchtung und Beschattung und liefert Daten, mit denen sich Energieverbrauch und CO2-Fuss­abdruck transparent nachweisen lassen. (Bild: Adobe Stock)

Das Ziel Netto-Null bis 2050 erzwingt ein Umdenken in der Bauwirtschaft. Investoren und Bauherren müssen ökologische, soziale und ökonomische Faktoren gleichermassen berücksichtigen. Gebäudeautomation wird dabei zur Schlüsseltechnologie. Sie ermöglicht die präzise Steuerung von Heizung, Lüftung, Klima, Beleuchtung und Beschattung – und liefert Daten, mit denen sich Energieverbrauch und CO2-Fussabdruck transparent nachweisen lassen.

Energieverbrauch senken und Wartungsaufwand reduzieren

Die Energieeffizienz von Automationssystemen ist inzwischen international normiert. Die EN ISO 52120-1 teilt Gebäude in Effizienzklassen von A bis D ein. Klasse A steht für hoch entwickelte Automation, die maximale Einsparungen bei gleich­zeitiger Nutzerfreundlichkeit ermöglicht. Diese ­Klassifizierung wirkt sich unmittelbar auf Betriebskosten und Zertifizierungen aus. Gebäude mit Automation können den Energieverbrauch um bis zu 40 Prozent senken und zugleich Wartungsaufwand sowie Ausfallzeiten reduzieren.

Nachhaltigkeit wird jedoch nicht allein an Energiekennzahlen gemessen. Rund 80 Prozent unseres Lebens verbringen wir in Innenräumen. Deshalb sind Luftqualität, Akustik, Temperatur und Licht entscheidende Faktoren. Moderne Automation kann Temperaturen stabil halten, Zugluft vermeiden und die Luftfeuchtigkeit regulieren. Sie sorgt für ausreichend Licht an Arbeitsplätzen, steuert die Beleuchtung und berücksichtigt Normen für Beleuchtungsstärken. Auch die Raumakustik lässt sich optimieren, etwa durch die Steuerung von Nachhallzeiten. Für die Luftqualität werden Sensoren eingesetzt, die CO2, Feinstaub und flüchtige organische Verbindungen messen. Auf dieser Grundlage lassen sich Lüftungssysteme dynamisch regeln. Damit wird nicht nur ein gesundes Umfeld geschaffen, sondern auch die Produktivität gesteigert – eine Harvard-Studie belegt, dass bessere Luftqualität die kognitive Leistungsfähigkeit um über 60 Prozent erhöht.

Hinzu kommt, dass Gebäudeautomation weit mehr umfasst als die klassische HLK-Regelung. Durch IP-basierte Standards wie BACnet/SC werden Gebäude IoT-fähig. Sensoren erfassen Daten zu Belegung, Energieverbrauch oder Luftqualität. Auf dieser Basis lassen sich neue Anwendungen integrieren: digitale Wegfindung in grossen Gebäudekomplexen, Asset-Tracking von Geräten, Tischbuchungssysteme in flexiblen Arbeitswelten oder kontaktlose Zutrittslösungen. Studien von McKinsey zeigen, dass digitale Gebäude damit ihre Betriebskosten um bis zu 20 Prozent reduzieren und ihren Immobilienwert um bis zu elf Prozent steigern können.

Teil der Kreislaufwirtschaft

Das Whitepaper von Siemens ordnet die Gebäudeautomation auch in grössere Nachhaltigkeitskonzepte ein. Gebäude müssen künftig als Teile einer Kreislaufwirtschaft verstanden werden. Dazu gehört der Einsatz regenerativer Energien, die Gestaltung von Fassaden mit Selbstverschattung oder Begrünung und die konsequente Verwendung kreislauffähiger Materialien. Auch die Auswahl emissionsarmer Baustoffe wird wichtiger. Für Ingenieure bedeutet dies, dass Materialwahl, Energieversorgung und Automationskonzept integrativ gedacht werden müssen.

Die Autoren des Whitepapers formulieren Handlungsempfehlungen für Bauherren und Planer: Nachhaltigkeitsziele sollten früh in der Wettbewerbsphase definiert und kommuniziert werden. Statt nur auf Investitionskosten zu blicken, sei es entscheidend, die gesamten Lebenszykluskosten einzubeziehen – vom Bau über den Betrieb bis zum Rückbau. Zertifizierungen können dabei als Orientierungshilfe und als Nachweis für Investoren und Nutzer dienen. Zudem sei es ratsam, offene und skalierbare Technologien einzusetzen, die langfristig erweiterbar sind. Besonders betont wird die Bedeutung einer professionellen Inbetriebnahme mit integralen Tests, damit die Systeme von Beginn an effizient laufen. Und schliesslich sei ein kontinuierliches Monitoring nötig, um Verbrauchsdaten zu erfassen, den Betrieb laufend zu optimieren und die Grundlage für ESG-Berichte zu schaffen.

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