Subtile Ertüchtigungen dank Aerogel-Anwendungen

Redaktion
Text | Christoph Stapfer    
Insgesamt sechs Projekte wurden bei der Verleihung des Aerogel Architecture Award auf dem Empa-Campus im Juli ausgezeichnet. Sie alle zeigen Anwendungen von Aerogel-Materialien in Architektur- und Bauprojekten, die durch minimale Eingriffe grosse Energieeinsparungen ermöglichen
Das Stringi-Stringi-Gebäude in Livorno, ursprünglich 1939 vom Architekten Ghino Venturi entworfen. (Foto: Serena Braccini)
Das Stringi-Stringi-Gebäude in Livorno, ursprünglich 1939 vom Architekten Ghino Venturi entworfen. (Foto: Serena Braccini)

Für den Aerogel Architecture Award 2024 wurden Projekte gesucht, die beispielhaft aufzeigen, wie das hochleistungsfähige Dämmmaterial Aerogel bei Renovationen historischer Gebäude sowie in der Architektur und im Bau im Allgemeinen zur Anwendung kommt. Aus insgesamt 31 Eingaben für die beiden Kategorien «Realisierte Lösungen» und «Studierendenprojekte» nominierte die Fachjury je drei Podestplätze. Die Vertreter der umgesetzten Projekte wurden zur Preisverleihung eingeladen.

Energetische Ertüchtigung geschichtsträchtiger Gebäude

In der Kategorie «Realisierte Projekte» setzte sich das Projekt «Stringi-Stringi» aus Livorno, Italien durch. Dabei handelt es sich um ein Renovationsprojekt des gleichnamigen Sozialwohnungsbaus, das vom Architekturbüro SB Ingegneria realisiert wurde. Um das schlecht isolierte Gebäude aus dem Jahr 1939 energetisch zu optimieren, wurden fünf entscheidende Interventionen an der Struktur vorgenommen: Das Dach wurde mit einer 140 mm dicken Schaumstoff-Isolation versehen, die Fassade mit EPS 100 Graphit bzw. einer 50-mm-Aerogel-Schicht saniert. Die alte Gasheizung wurde durch eine Wärmepumpe ersetzt, wozu auf dem Dach eine Photovoltaikanlage installiert wurde. Schliesslich wurden die Fenster ersetzt und mit einer 10-mm-Aerogel-Schicht abgedichtet. Besonders für die Sanierung der Fassade des V-förmigen Gebäudes, sei der Einsatz von Aerogel essenziell gewesen, so die Architektin Serena Braccini. Dies, weil die Flexibilität des Materials die Isolation der gekrümmten Fassade erlaubt habe, ohne deren Erscheinungsbild zu verändern.

Auf den zweiten Platz schaffte es der Kindergarten Eversbuschstrasse in München. Das Team des Architekturbüros Bodensteiner Fest Architekten hatte den Auftrag, das 120-jährige Gebäude, das zuletzt 20 Jahre lang leer stand, mit möglichst einfachen Mitteln auf Vordermann zu bringen und ihm so zu einem neuen Leben zu verhelfen. Künftig wird es als Integrationskindergarten genutzt werden. Zentral für das Projekt waren der Erhalt bzw. das Wiederverwenden vorhandener Materialien und Strukturen, wobei das hochgradig wärmedämmende Aerogel-Material grösstmögliche Freiheiten geboten habe.

Den dritten Podestplatz belegt das Projekt rund um das Andreas-Schubert-Gebäude an der Technischen Universität Dresden, durchgeführt vom Büro IPROconsult. Das 1959 erbaute Fakultätsgebäude steht unter Denkmalschutz und musste deshalb unter Wahrung der materiellen Struktur saniert werden. Es besteht aus einem tragenden Betongerüst, in welches dünnere Betonpanels und Fenster integriert sind. Im Zuge der Sanierungsmassnahmen wurden sowohl die Betonpanels mit einer 50 mm dicken Aerogel-Dämmung versehen, wie auch neue Fenster installiert. Durch diese Massnahmen konnte der Wärmeverlust um rund 75 Prozent gesenkt werden, während die charakteristische Fassade bewahrt werden konnte.

Visionäre Projekte, die emotional berühren

Gross war die Vielfalt bei den insgesamt 26 Studierendenprojekten, die aus diversen Ländern eingegangen sind. Mit dem ersten Platz prämiert wurde das Projekt «Tassi Museum» des Duos Amanda Sayuri Hashimoto und Guilherme Pinheiro e Silva aus Brasilien. Ihr Konzept sieht vor, das ehemalige Hotel Tassi in Curitiba, das durch einen Brand grossflächig verwüstet wurde, rundum zu renovieren und in ein Museum umzuwandeln. Dazu haben sie vorgeschlagen, die alte, teils beschädigte Ziegelwand durch eine neue Holzkonstruktion zu stützen. Eine an der bestehenden Fassade angebrachte Aerogel-Isolation sorgt dafür, dass das Gebäude sprichwörtlich «atmen» kann, wodurch die Wärmeisolation deutlich verbessert wird, ohne dass sich Feuchtigkeit zwischen Aussen- und Innenwand bilden kann. Nebst der Fassadenisolation, sieht das Projekt eine Überdachung des Innenhofs vor, die aus einer 30 mm dicken Aerogel-Schicht innerhalb zweier Glasscheiben besteht. Dadurch kann Tageslicht in den Innenhof gelangen, dieser jedoch wetterunabhängig genutzt werden.

Den zweiten Rang belegt das Projekt von Patricia Malota aus Polen. Sie hat ein städtisches Zentrum für psychische Gesundheit in Krakau entworfen, das zu grossen Teilen lichtdurchlässige Aerogel-Fassaden aufweist. Der dritte Platz geht an das Konzept von Michael Chang und Adrian Corbey von der Harvard University in Cambridge, USA. Mit ihrem «Aeroblock» präsentieren sie eine innovative Lösung für ein grundlegendes Problem des Carpenter Centers for Visual Arts, das 1963 fertiggestellt worden ist und aus der Feder der Schweizer Architektur-Ikone Le Corbusier stammt.

Der «Aerogel Architecture Award» wurde im Jahr 2020 von der Empa initiiert. Für den Wettbewerb 2024 gingen 26 studentische und 5 realisierte Projekte aus verschiedenen Ländern ein. Eine Jury bewertete die eingereichten Projekte im Hinblick auf die Erhaltung des kulturellen Erbes, die Energieeffizienz und die Originalität der gewählten Lösung.

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